Harald Sourij von der Stoffwechselmedizin-Studieneinheit der MedUni Graz und als Co-Autoren zum Beispiel der derzeitige Präsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG), Peter Fasching (Wien), und die übrigen Co-Autoren haben zwischen 2021 und 2023 eine österreichweite Querschnittstudie (AUSTRO-PROFIT) durchgeführt. Es handelte sich um eine Untersuchung mit Daten aus der niedergelassenen Medizin (Allgemeinmedizin, Diabetologen), also in der Primärversorgung.
Insgesamt wurden 8.080 Allgemeinmediziner und Diabetologen aus ganz Österreich eingeladen. 62 Ärzte beteiligten sich. Sie nahmen je zehn bis 15 Personen mit bzw. ohne Typ-2-Diabetes auf. Es waren schließlich 635 Zuckerkranke in dem Sample. Das Durchschnittsalter betrug 66,7 Jahre. Die mittlere Diabetes-Dauer lag bei zehn Jahren, der Body-Mass-Index bei einem Wert von 29 (etwas unter Adipositas).
800.000 Menschen betroffen
Das Problem, so die Autoren der Einleitung der Studie: "In Österreich leiden etwa 800.000 Menschen an Diabetes, 85 bis 90 Prozent von ihnen an Typ-2-Diabetes. Die jährliche Zahl der Todesfälle aufgrund von Diabetes übersteigt jene durch Brustkrebs, Dickdarmkrebs und Verkehrsunfälle. Diabetes stellt eine enorme Belastung für die Gesundheitssysteme dar und verursacht weltweit Gesundheitsausgaben von ca. 760 Milliarden Euro und in Österreich von drei Milliarden Euro im Jahr."
Es sind vor allem die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die bei Typ-2-Diabetikern als Komplikationen mit potenziell lebensgefährlichen Konsequenzen viel früher und viel öfter als unter Nicht-Diabetikern auftreten. Deshalb sollte die Blutzuckereinstellung möglichst gut sein, die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten unter Kontrolle sein (HbA1c/Blutzucker, "böses" LDL-Cholesterin und Blutdruck).
Von Zielen "meilenweit" entfernt
Von diesen Zielen ist aber ein Großteil der österreichischen Typ-2-Diabetiker teilweise sprichwörtlich "meilenweit" entfernt. Es sollten weniger als 70 Milligramm "böses" LDL-Cholesterin pro Deziliter Blut sein (weniger als 55 Milligramm bei bereits diagnostizierten Gefäßerkrankungen), ein mittelfristiger Blutzuckerwert von weniger als sieben Prozent HbA1c und ein Blutdruck von weniger als 140/90 (systolisch/diastolisch) mmHg.
Die Wissenschafter über die Ergebnisse der Untersuchung: "Die Prozentsätze der Teilnehmer bei der Zielerreichung lagen bei 44 Prozent beim LDL-Cholesterin, 53 Prozent erreichten einen HbA1c-Wert von weniger als sieben Prozent und 57 Prozent konnten einen Blutdruck von unter 140/90 mmHg vorweisen. Nur 13 Prozent erreichten alle drei Ziele. Höheres Alter, längere Dauer von Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und mikrovaskuläre Komplikationen (Erkrankungen der kleinen Blutgefäße) waren mit einem suboptimalen Erreichen der Zielwerte für Stoffwechsel-Risikofaktoren verbunden."
Mix der Risikofaktoren
Da die Langzeitkomplikationen bei Typ-2-Diabetes im Grunde genommen auf einem Mix der Risikofaktoren beruhen, ist das bloße Erreichen aller drei Zielwerte durch nur 13 Prozent der Betroffenen wahrscheinlich besonders "ungut". Knapp 17 Prozent der Untersuchten rauchten darüber hinaus noch, fast 30 Prozent waren Ex-Raucher.
"Die AUSTRO-PROFIT-Studie zeigte erhebliche Unterschiede beim Erreichen der Stoffwechsel-Zielwerte in Bezug auf klinische Merkmale der Patienten und Begleiterkrankungen. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung der Einrichtung nationaler Diabetesregister (...)." Die Patienten sollten umfassend und durch individuelle Interventionen so betreut werden, dass die Qualität der Versorgung der Typ-2-Diabetiker in der Primärversorgung verbessert wird. Im Grunde genommen sollte es auch in der Diabetesbehandlung zu einer "Treat to Target" - Therapie mit Erreichung der Zielwerte kommen.
Quelle
APAmed vom 6.12.2024