Von der Kostenproblematik in die Versorgungsproblematik?

Schon seit Jahrzehnten waren die überproportional ansteigenden Kosten im Gesundheitswesen, die die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überragten, die am heißesten diskutierte Problematik. Es herrschte der Konsens, dass man sich das alles bald nicht mehr leisten könne und den explodierenden Kosten entgegensteuern müsse. Nun zeigt eine Studie von 2022, dass es offensichtlich ein länderübergreifender Trend ist, dass sich die Wachstumskurve der Gesundheitskosten immer mehr an die Wachstumskurve des BIP angleicht.

Die Studie von Sheila D. Smith und ihren Co-Autoren zeigt in den letzten zwei Jahrzehnten einen klaren Trend sinkender Wachstumsraten bei den Gesundheitsausgaben in der westlichen Welt. Der Einkommenseffekt besagt, dass ein höherer Wohlstand eines Landes mit höheren Gesundheitsausgaben einhergeht. Allerdings scheint dies nicht der einzige Faktor zu sein, der sich auf die Kosten im Gesundheitswesen auswirkt. Die Autoren der Studie haben weitere drei Faktoren identifiziert, die etwa die Hälfte des Wachstums ausmachen:

•    die alternde Bevölkerung
•    der technische Fortschritt
•    die Preise von medizinischen Gütern und Dienstleistungen

Die beiden letzten wirken sich kostendämpfend aus. Vor allem der ehemalige Kostentreiber „technischer Fortschritt“ tritt in den Hintergrund, da heute mehr die kostensparende Wirkung von Innovationen stärker ins Gewicht fällt, so die Studie. Natürlich könnten sich aber auch Sparanstrengungen der Vergangenheit auf die Kostenentwicklung ausgewirkt haben. Interessant ist jedoch, dass die Verlangsamung der Wachstumskurve unabhängig von nationalen Gesetzgebungen abläuft und ein internationaler Trend zu sein scheint. Eventuell könnten hier auch die internationalen Preisvergleiche bei der administrativen Preisbildung einen Einfluss haben.
Für die USA haben die Autoren der Studie eine Reduktion des Kostenfaktors „technologischer Fortschritt“ um einen Prozentpunkt in den letzten 15 Jahren, im Vergleich zu den 15 Jahren davor, berechnet. Dies dürfte auch auf andere OECD-Länder übertragbar sein. Hält dieser Trend über das Jahr 2019 an (bis zu diesem Zeitpunkt geht die Analyse der Studie), wären das gute Nachrichten. Dann könnten wir das Kostenproblem abhaken und uns künftig auf die stärker werdende Versorgungsproblematik konzentrieren.

 

Quellen


Sheile D. Smith et al (2022): Health care spending growth has slowed: Will the Bend in the curve continue?
Dr. Fridolin Marty, economiesuisse.ch