Ist die Kassenfusion reversibel?

Den Medienberichten der letzten Wochen war zu entnehmen, dass mittlerweile Einigkeit besteht: die Kassenfusion war ein großer Fehler. Kaum jemand fand sich in den Medien bereit, die Kassenfusion zu verteidigen. Zu klar sind die Fakten. Aus der versprochenen Patientenmilliarde ist ein Defizit in fast ebenso großer Höhe geworden, die Zahl der unbesetzten Kassenstellen ist nach der Kassenfusion weitergewachsen, die Patienten beklagen eine zunehmend schlechtere ambulante Versorgung.

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Der konsequenteste Schritt wäre natürlich, die Kassenfusion radikal einzustampfen und die alten Gebietskrankenkassen wieder aufleben zu lassen. Es ist aber kaum zu erwarten, dass die Politik diesen Mut aufbringt, zumal damit der riesige Fusionsaufwand endgültig in den Wind zu schreiben wäre.

Viele, sowohl Entscheidungsträger aus der Politik als auch aus der ÖGK selbst, verlangen daher eine stärkere Regionalisierung bei Aufrechterhaltung der ÖGK. Worin sollte diese Regionalisierung aber bestehen? Wenn wirklich etwas verändert werden soll, dann müssten Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Im Grunde genommen hat die Krankenkasse zwei Aufgaben: Sie muss einerseits die für die Gesundheitsversorgung notwendigen Gelder einheben und sie muss andererseits diese Gelder möglichst effizient in die Versorgung der Versicherten investieren. Was die Mittelaufbringung angeht, mag die Zentralisierung der Beitragseinhebung Skalenvorteile bringen. Hier sind die Vorgaben für ganz Österreich einheitlich, sodass vermutlich kein starker Bedarf nach einer Regionalisierung besteht. Bei den Ausgaben muss man unterscheiden: die Vergütung der Arzneimittel wird ohnehin von jeher zentral über den Erstattungskodex gesteuert (und das nicht nur für die ÖGK sondern für alle Krankenkassen). Die Zahlungen der Kassen an die Krankenanstalten zur Abgeltung der stationären und Ambulanzleistungen sind österreichweit vorgegeben. Hier besteht praktisch auch kein Spielraum für eine Regionalisierung.

Was für eine Regionalisierung bleibt, ist die Ausgestaltung des kassenärztlichen Systems. Hier gibt es aber, wenn die Regionalisierung keine Alibiaktion bleiben soll, nur ganz oder gar nicht. Vernünftig wäre wohl, die Ausgestaltung des Kassenärztesystems wieder den Ländern zu überlassen also den Landesstellen der ÖGK und den Landesärztekammern. Das würde natürlich voraussetzen, dass die ÖGK vorweg jeder Landesstelle Mittel zuteilen müsste, die für die Finanzierung der Kassenärzte zur Verfügung stehen. Die Aufteilung der Mittel auf die einzelnen Länder wäre natürlich ein Kapitel für sich, weil eine solche nicht einfach nach Köpfen erfolgen könnte. Natürlich müssten die unterschiedlichen Praxiskosten in den Bundesländern berücksichtigt werden und es müsste auch einen Anreiz geben, dass erzielte Effizienzvorteile (etwa bei der Medikamentenverordnung) im Land bleiben. Genau diese Effizienzvorteile, um die wir uns gerade in Oberösterreich in den letzten 20 Jahren sehr bemüht haben, führten dazu, dass wir hier vergleichsweise hohe Honorarsteigerungen für die Kassenärzte erreichen konnten. Diese Verknüpfung hatte in der Vergangenheit Sinn und würde auch in Zukunft wieder Sinn ergeben: Kooperativ erreichte Effizienzsteigerungen nützen der Kasse, sie sind - zumindest nach der Logik unseres oberösterreichischen Modells - von Nutzen für die Ärzte und sie helfen letztendlich vor allem den Patienten, die am meisten Interesse daran haben, dass ihre Beiträge möglichst effizient eingesetzt werden und zu einer möglichst guten ambulanten Versorgung führen.

 

Peter Niedermoser, Obmann des LIG

Dieser Artikel gibt meine persönliche Meinung wieder!