Von links: Mag.pharm. Thomas Veitschegger, Direktor Mag. Jakob Hochgerner, KAD Hon.-Prof. Dr. Felix Wallner, Dr. Cornelia Sitter, KO Dr. Harald Mayer, Präsident Dr. Peter Niedermoser, Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht
Mehr Studienplätze
Um den Ärztemangel zu entschärfen empfehlen Popper und Ripplinger für die nächsten zehn Jahre eine Erhöhung der Studienplätze um 100 bis 300 pro Jahrgang. Jedoch sei dies aufgrund der langen Ausbildungsdauer keine Lösung für das Problem des kurzfristigen Ärztemangels, der sich aufgrund der Pensionierungswelle ergebe. Es brauche für diese Zeit andere Lösungen, wie eine Verschiebung der vorhandenen Kräfte zwischen Fächern (sofern möglich), den Zuzug von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland oder durch Mehrarbeit des vorhandenen Personals.
Schutzquote anpassen
EU-rechtskonform sind derzeit 75 Prozent der Studienplätze in Österreich für Inländerrinnen und Inländer reserviert, was bedeutet, dass ein beträchtlicher Teil der Medizinabsolventinnen und –absolventen nicht hierzulande, sondern in ihrem Heimatland (überwiegend Deutschland) tätig wird. „Will man die Quote österreichischer Studentinnen erhöhen, könnte man diese mit Begründung des gesteigerten Bedarfes an ärztlichen Kräften im Inland anpassen, da der Schutz des Gesundheitssystems als vorrangig einzustufen ist.“, erklärt Kammeramtsdirektor Hon.-Prof. Dr. Felix Wallner in seinem Vortrag. Hierfür wäre eine kontinuierliche Planung des Bedarfs eine unerlässliche Voraussetzung.
Dropout hinterfragen
„Eine richtige Nachwuchsplanung für das Gesundheitspersonal gibt es in Österreich derzeit nicht, sondern man geht schlicht davon aus, dass die Anzahl der Studienplätze den Bedarf in Zukunft decken wird“, informieren Dr. Hanna Faist und Dr. Christoph Steinacker von der Österreichischen Ärztekammer. Dabei wäre eine Planung für die künftige Versorgungssituation entscheidend, denn 44 Prozent der Ärzteschaft erreichen in den nächsten 12 Jahren das Pensionsalter und immer mehr Ärztinnen und Ärzte legen ihren Beruf nieder bevor sie das Pensionsalter erreicht haben. Gleichzeitig schrumpft der Ärztenachwuchs. Etwa 30 Prozent der Medizinabsolventinnen und -absolventen werden nicht ärztlich tätig – zumindest nicht in Österreich. Es wäre wichtig die Gründe für das Ausscheiden bzw. nicht-Tätigwerden zu hinterfragen und darauf aufbauend attraktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Versorgungsrelevanz
Immer mehr Medizinerinnen und Mediziner arbeiten in Teilzeit. Bei den Turnusärztinnen und -ärzten betraf das zuletzt fast eine von zehn Personen. „Nicht nur Junge entscheiden sich heute öfter für die Teilzeit, sondern auch bei Älteren ist der Wunsch nach einer Teilzeittätigkeit im Steigen begriffen“, zeigen Faist und Steinacker auf. Ein Grund dafür könnte die zunehmende Arbeitsbelastung sein. Die reine Kopfzahl der ärztlichen Kräfte ist jedenfalls keine verlässliche Zahl mehr für eine Versorgungsplanung, sondern es muss die tatsächliche Versorgungsrelevanz mit einbezogen werden. Und dafür ist nicht nur das Ausmaß der Beschäftigung auschlaggebend, sondern auch, wie die „Ressource Arzt“ eingesetzt wird. Hier kommen beispielsweise Überlegungen zum Task-Shifting (=Delegierung von Aufgaben an andere Berufsgruppen) und mögliche Entlastungen durch Digitalisierungsmaßnahmen zum Tragen.
Ebenfalls ein durchaus relevanter Faktor für die medizinische Versorgung liegt in der Zuwanderung von Medizinerinnen und Medizinern aus dem Ausland. Der Zustrom hat sich in den letzten Jahren erhöht – vor allem aus Ost- und Südeuropa. Auf diese Gruppe wird in Zukunft ein besonderer Fokus zu legen sein.
Podiumsdiskussion
Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht, Stv. Dekan für Lehrende und Studierende in der Medizinischen Fakultät Linz, ist der Meinung, dass es einen ganzen Mix aus verschiedenen Ansätzen brauchen wird, um das Problem des Ärztemangels anzugehen. Die Anzahl an Studenten könne zumindest in Linz nicht einfach ausgeweitet werden. Das bestehende Raumkonzept, vor allem aber der Kleingruppenunterricht am Patientenbett ließen das nicht so einfach zu. Er sei aber davon überzeugt, dass viele Ärztinnen und Ärzte mehr arbeiten wollten, wenn das Arbeitszeitgesetz dies ermöglichen würde. Auch Bräutigam sieht hier Aufholbedarf: „Flexibilität muss in beide Richtungen gehen. Einerseits sind die Krankenhäuser natürlich dazu bereit neue Teilzeit-Modelle anzubieten, aber auch für Mehrarbeit muss ein legaler Rahmen geschaffen werden, der sich mit der Realität deckt.“