Eigenbeteiligung im österreichischen Gesundheitssystem

Selbstzahlungen, Selbstbehalte, Kostenbeteiligungen, privaten Zuzahlungen, Out-Of-Pocket-Zahlungen, Co-Payment: Viele Begriffe eine Bedeutung - Patienten müssen für Gesundheitsleistungen aus eigener Tasche zuzahlen.

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In allen europäischen Gesundheitssystemen gibt es Selbstbehalte, welche je nach Gesundheitssystem unterschiedlich stark ausgeprägt sind. So existieren zum Beispiel absolute und prozentuelle Kostenbeteiligungen für Medikamente bzw. medizinische Produkte, Rezeptgebühren, Beteiligungen bei den Arztkosten, Abzugsfranchise (absolute Kostenbeteiligung pro Zeitraum), Bonus-Malus-Systeme und vieles mehr.

Dazu kommen noch die sogenannten indirekten Selbstbehalte durch Leistungsausschlüsse, also jenen Teil der Versorgung, der nicht von den Kassen oder dem staatlichen Gesundheitssystem übernommen wird, Beispiel Zahnbehandlungen für Erwachsene, Kosten für Sehbehelfe oder Hörgeräte.

Österreichs Gesundheitsausgaben betrugen im Jahr 2023 52,8 Milliarden Euro. Die privaten Zahlungen (Selbstbehalte, private Krankenversicherungen, Honorare für Wahlärzte) beliefen sich auf 12,31 Milliarden Euro. Das bedeutet rund 23 Prozent der laufenden Gesundheitsausgaben werden privat finanziert. Im Vergleich zu 2022 ist dies ein Anstieg um 7,4 Prozent.
Betrachtet man die Höhe der privaten Zahlungen im europäischen Vergleich, zeigt sich, dass Österreich im absoluten Spitzenfeld liegt (siehe Grafik). Hierzulande müssen private Haushalte 4 Prozent ihres Einkommens für Gesundheitsausgaben aufwenden. In Frankreich ist dies mit 2,1 Prozent nur die Hälfte.

Zahnarztkosten und Medikamente machen rund die Hälfte der privaten Gesundheitsausgaben aus. Der Anstieg im Bereich der Diagnoseverfahren spiegelt die teilweise langen Wartezeiten für MRT-Untersuchungen im öffentlichen System wider. Patienten weichen vermehrt auf den privaten Sektor aus.

Angesichts der anhaltenden Finanzierungsprobleme im Gesundheitswesen wird sich der Anstieg der privaten Zahlungen auch in diesem Jahr fortsetzen. Mit Jänner 2025 kam es zur Erhöhung der Rezeptgebühr, des Mindest-Kostenanteils für Heilbehelfe, sowie zur Beitragserhöhung für Selbstversicherte. Auch die bis jetzt ungelöste Situation für einen Ersatz der Amalgam-Füllungen wird die privaten Ausgaben für Gesundheit in diesem Jahr deutlich erhöhen.

Kostenbeteiligungen im medizinischen Bereich sind ein emotional besetztes und kontrovers diskutiertes Thema. Befürworter argumentieren gerne mit dadurch erzielten Lenkungseffekten oder einer Reduktion der Übernutzung („moral hazard“).
Gegner betonen, dass Selbstzahlungen mitunter zu Zugangsbarrieren ins Gesundheitssystem führen können, da Selbstbehalte regressiv sind. Bezieher niedrigerer Einkommen sind davon stärker betroffen.

Um finanzielle Härten auszugleichen, existieren zumeist Staffelungen nach Einkommen und Befreiungen. Dies Regelungen senken wiederum das Effizienzpotenzials von Selbstbehalten. Denn die Erhebung, Weiterleitung und Kontrolle der Selbstzahlungen und vor allem das Management der Ausnahme- und Befreiungsregelungen stellen einen nicht unerheblichen administrativen Aufwand dar, was wiederum zu höheren Verwaltungskosten führt.
Tatsächlich sind Selbstbehalte allein kein Allheilmittel für eine nachhaltige Patientenlenkung, hier bedarf es zusätzlich verpflichtender Lenkungsmechanismen.

 

Mag. Sabine Weißengruber-Auer, MBA
Linzer Institut für Gesundheitssystem-Forschung
www.ligforschung.at