Studienplatz Medizin - das Problem bleibt

Wenn es für ein Studium zu viele Bewerber für zu wenige Studienplätze gibt, dann müssen die Universitäten auswählen. Und so wird seit 2006 ein jährliches Aufnahmeverfahren im Fach Medizin durchgeführt. Der diesjährigen Lostag für insgesamt 15.158 Bewerber ist der 5. Juli 2024.

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Aufnahmeverfahren für ein Medizinstudium gibt es in fast allen europäischen Staaten, die Quotenregelung für Studienanfänger jedoch nur in Österreich und Belgien. Diese spezielle Form einer Kontingentierung soll verhindern, dass vor allem zu viele Bewerber aus Nachbarländern mit gleicher Sprache an die Universitäten strömen.

Unmittelbar nach dem EU Beitritt 1995 hat Österreich die Auffassung vertreten, dass es zulässig sei, Bewerber an österreichischen Universitäten nur dann zuzulassen, wenn diese auch im Heimatstaat die Berechtigung zum jeweiligen Studium erfüllen. Deutsche Studierende konnten nur dann ein Studium in Österreich aufnehmen, wenn sie auch den Numerus clausus für Deutschland erfüllen. Diese Zulassungsregelung wurde vom europäischen Gerichtshof 2005 als EU-widrig aufgehoben.

Seit dem Studienjahr 2006/2007 existiert für das Humanmedizin-Studium eine safeguard-Klausel, die sogenannte Quotenregelung, welche im Jahr 2018 neu festgelegt wurde. Unabhängig von der Reihung nach den Ergebnissen des MedAT werden im ersten Schritt 75 % der Gesamtstudienplätze nur an Inhaber österreichischer Maturazeugnissen vergeben, im zweiten Schritt konkurrieren 20 % an Studienbewerber aus EU-Staaten mit jenen Österreichern, welche im ersten Schritt nicht zugelassenen wurden. Die verbliebenen 5 % der Plätze werden je Leistungen beim MedAT unter Personen aus Österreichern, EU-Bewerbern und Nicht -EU-Bewerbern aufgeteilt.

Immer wiederkehrende Kampf um die Quote

Die Quotenregelung wurde zunächst von der europäischen Kommission beanstandet und 2007 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich angekündigt. Im ersten Schritt erhielt Österreich die Gelegenheit die Auswirkungen der Quotenregelung darzulegen.  In einem insgesamt 600seitigen Bericht konnte Österreich nachweisen, dass das öffentliche Gesundheitssystem ohne Quote gefährdet wäre. Das Vertragsverletzungsverfahren wurde im Mai 2017 für die Humanmedizin offiziell eingestellt und Österreich verpflichtet, alle 5 Jahre einen aktuellen Bericht abzugeben. Für die Zahnmedizin konnte kein drohender Versorgungsengpass belegt werden. Somit musste mit dem Studienjahr 2019/2020 die Quote für Zahnmedizin aufgehoben werden. Nach Abschaffung der Zahnmedizin-Quote liegt der Anteil der deutschen Studierenden bei fast 40 %.

Der letzte Bericht vom Oktober 2021 festigt die österreichischen Bedenken neuerlich. Deutsche Absolventen des Medizinstudiums verlassen innerhalb von 18 Monaten zu fast 80 % Österreich wieder. Der Anteil der Deutschen mit österreichischen Medizindiplom betrug 2020 nur 0,9 % aller in Österreicher praktizierenden Ärzte. Auch hat der weit überwiegende Teil der in Österreich tätigen deutschen Ärzte, nämlich 3,5 % der Gesamtärztezahl, nicht in Österreich studiert, sondern ist erst nach dem Studium nach Österreich gekommen.

Österreich weist damit trotz der Quote nach Luxemburg den höchsten Anteil an internationalen Medizin-Studierenden innerhalb der EU auf. Genaugenommen mehr als doppelt so hoch wie der Durchschnittsanteil an ausländischen Studierenden innerhalb der EU.

Neue Sonderquote im Medizinstudium

Seit dem Studienjahr 2022/23 gibt es im Universitätsgesetz die Möglichkeit gewidmeter Studienplätze.  Insgesamt stehen im nächsten Studienjahr 85 „gewidmete“ Medizin-Studienplätze für jene Ärzte zur Verfügung, welche sich verpflichten, nach ihrem Studium Aufgaben im öffentlichen Interesse (Amtsärzte, Bundesheerärzte, …) zu übernehmen. Vor Beginn des Humanmedizin-Studiums schließen Studienwerber eine Vereinbarung mit der jeweiligen Institution ab.

Obgleich sich die Situation für österreichische Bewerber durch die veränderte EU-Quotenregelung und die neue Sonderquote etwas verbesserte, bleibt die Zugangsregelung zum Studium der Humanmedizin eine Herausforderung für die medizinische Versorgung Österreichs.

Mag. Sabine Weißengruber-Auer, MBA
Linzer Institut für Gesundheitssystem-Forschung
www.ligforschung.at