Quotenregelung für Medizinstudenten und Ärztemangel

Auf vielen Ebenen wird derzeit überlegt, wie man mit dem Ärztemangel zurechtkommen kann. Überlastete Spitäler und Spitalsärzte, unbesetzbare Kassenstellen, lange Wartezeiten. Umso hellhöriger machen Medienberichte aus den letzten Wochen. So war zu lesen, dass es viele Regionen in Österreich gibt, in denen fertige Medizinstudenten bis zu 18 Monate auf einen Ausbildungsplatz für die am Beginn vorgesehene Basisausbildung warten müssen. Zuletzt machte auch Schlagzeilen, dass an den österreichischen Universitäten viel zu wenig österreichische Zahnärzte ausgebildet werden, um die schon angelaufene Pensionierungswelle auch nur halbwegs zu kompensieren.

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Zur Erinnerung: bis 2005 konnten in Österreich auch EU-Ausländer nur studieren, wenn sie im Heimatstaat die jeweiligen Zulassungsbedingungen erfüllt haben. Bis dahin gab es an den medizinischen Fakultäten in Österreich nur ca. 5 % ausländische Studenten. Im Jahr 2005 hat der EuGH damit Schluss gemacht und Österreich verpflichtet, Studenten aus dem EU Ausland zu denselben Bedingungen wie Inländern den Zugang zum Studium zu ermöglichen. Um eine völlige Katastrophe für unsere Gesundheitsversorgung abzuwenden, wurde in Österreich ein Zulassungstest eingeführt und uns von der EU-Kommission eine Vorbehaltsquote von 75 % für österreichische Studenten zugebilligt. Dass dies unbedingt notwendig war, zeigte die weitere Entwicklung. Deutschland hat fast zehnmal so viel Einwohner wie Österreich, es gibt keine Sprachbarrieren, aber einen strengen Numerus clausus für Medizin und Zahnmedizin. Ergebnis: Fast die Hälfte aller Bewerber um einen Medizinstudienplatz kommt mittlerweile aus Deutschland, weshalb es wenig verwunderlich ist, dass die 25 %, die nicht für Österreicher reserviert sind, zur Gänze aus dem Ausland besetzt werden. Mit anderen Worten: seit 2005 hat sich der Anteil der ausländischen Studenten im Fach Medizin verfünffacht. Die meisten dieser Studenten kommen nur zum Studieren nach Österreich und beginnen nie bei uns zu arbeiten. Gleichzeitig haben wir jetzt und noch einige Zeit einen (natürlich auch schon lange vorhersehbaren) Generationswechsel zu bewältigen, weil die geburtenstarken Fünfziger- Jahrgänge in Pension gehen. Eine vorausschauende Gesundheitspolitik hätte es schaffen müssen, rechtzeitig die Vorbehaltsquote für Österreicher zu erhöhen. Zumindest befristet hätte eine Steigerung der Vorbehaltsquote mit Brüssel vereinbart werden müssen, damit wir Zeit haben, den anstehenden Generationswechsel zu bewältigen.

Noch dramatischer stellt sich die Situation bei den Zahnärzten dar. Bei den Zahnärzten wurde die Vorbehaltsquote 2019 abgeschafft. Die Konsequenz: mittlerweile sind fast 50 % der erstsemestrigen Zahnmedizinstudenten aus Deutschland und nur noch die Hälfte aus Österreich. Hier wird es noch viel größere Probleme bereiten, die Pensionierungswelle auszugleichen.

Wenn man dann hört, dass zwar einerseits Ausbildungsstellen in der Allgemeinmedizin oder zum Facharzt mangels Nachwuchs nicht besetzt werden können, ist es völlig absurd, dass es nicht genügend Ausbildungsplätze für die Basisausbildung gibt, die nach dem Medizinstudium und vor der Allgemein- oder Facharztausbildung absolviert werden muss. Es wäre wohl eine dringende Hausaufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass die öffentlichen Krankenanstalten Basisausbildungsstellen in der je nach bevorstehender Anzahl der Medizinabsolventen benötigten Menge zur Verfügung stellen, um Wartezeiten für die überall händeringend gesuchten Jungmediziner zu vermeiden. Es ist allerdings auch nachvollziehbar, dass die Rechtsträger der öffentlichen Krankenanstalten, die immer unter Rechtfertigungsdruck für ihr Defizit stehen, nicht gerne Dienstposten für die Basisausbildung reservieren. Daher ist es wohl auch Sache der Politik, ein klares Signal zu setzen und die außerbudgetäre Finanzierung zusätzlicher Basisausbildungsstellen zu übernehmen.

Präsident Dr. Peter Niedermoser, Obmann des LIG