Die ERNs schaffen eine Struktur für den Austausch von Fachkenntnissen und eine koordinierte Versorgung innerhalb Europas. Fachzentren, Gesundheitsdienstleister und Labore können mit Hilfe der Europäischen Referenznetzwerke grenzübergreifend zusammenarbeiten. Eingebunden sind auch Patientenorganisationen, denn die Patienten als „Experten für ihre Krankheit" spielen für den Erfolg der ERNs eine entscheidende Rolle.
30 Millionen Betroffene
Eine Krankheit wird dann als selten definiert, wenn ihre Prävalenz weniger als 1 in 2.000 beträgt. Insgesamt gibt es mehr als 6.000 seltene Krankheiten, von denen 80% genetisch bedingt sind. Viele davon sind chronisch und lebensbedrohend. In der EU sind etwa 30 Millionen Bürger von einer Orphan-Krankheit, wie die seltenen Krankheiten auch genannt werden, betroffen. Manche der Störungen betreffen nur eine Handvoll Menschen in der Europäischen Union, andere zählen bis zu 245.000 Patienten.
Eines haben diese Menschen aber alle gemeinsam: es dauert oft sehr lange, bis die richtige Diagnose gestellt wird und das medizinische Fachwissen über ihr Leiden ist gering. Die Behandlung wird häufig nicht angemessen durchgeführt und in vielen Fällen entstehen daraus irreversible Schäden. Die Entwicklung passender Medikamente ist kostspielig und für einen so kleinen Personenkreis nicht lukrativ.
Netzwerken für Kranke
Diese Probleme sollen mit Hilfe der Europäischen Referenznetzwerke abgefedert werden. Eine Zusammenarbeit auf Europäischer Ebene ist besonders bei seltenen und komplexen Erkrankungen sinnvoll, so der Europäische Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Vytenis Andriukaitis. Aus der Bündelung von Erkenntnissen und dem Teilen des Wissensstandes zwischen Gesundheitseinrichtungen verspricht man sich für alle Betroffenen in der EU eine raschere Diagnose und eine bessere Behandlung. Aufgrund der besseren Datenlage und dem gemeinsamen Sammeln von Evidenz könnte es darüber hinaus zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden kommen. Eventuell können aufgrund der zentralen Erreichbarkeit von Patienten über die Netzwerke auch Pharmafirmen besser zur Entwicklung von Medikamenten für die Behandlung von Orphan-Krankheiten motiviert werden.


