Krankenhausreform: Istzustand führt ins Desaster

In diesem Jahr noch soll die deutsche Regierung eine Reform der Krankenhauslandschaft beschließen. Die federführenden Autoren des Vorschlags der Regierungskommission für eine grundlegende Krankenhausreform weisen darauf hin, dass die Auswirkung des demografischen Wandels und die Veränderung der Arbeitswelt unterschätzt würden und das Beibehalten des Istzustandes deshalb ein hohes Risiko in sich bergen.

Vor allem die Personalsituation sei kritisch, denn allein die Altersverteilung des Pflegepersonals zeige, dass sich nicht alle bisherigen Spitals-Standorte halten lassen werden. Die Daten der Pflegekammer in Nordrhein-Westfalen führen beispielhaft vor Augen, dass 29 Prozent der Pflegefachpersonen über 55 Jahre alt sind, während nur 15 Prozent unter 30 Jahre alt sind. Bei einer reinen Fortschreibung dieser Alterszusammensetzung wären die Auswirkungen fatal.

Derzeit gibt es 460.000 Betten in deutschen Spitälern, das sind 5,5 Betten pro 1.000 Einwohner. Bereits heute werden laut einer stichprobenartigen Erhebung der Autoren bereits 20 Prozent dieser ausgewiesenen Betten nicht mehr mit Personal betrieben. In 10 Jahren würden aber nur noch etwa zwei Drittel dieser Betten mit Personal betreibbar sein, so die düstere Prognose. Die im EU-Vergleich immer noch sehr hohen stationären Zahlen zeigen jedoch eine Reduktionsmöglichkeit von etwa 20 Prozent – durch weitere Ambulantisierung und den Verzicht auf vermeidbare Fälle. Das scheint für die stationäre Versorgung der Bevölkerung akzeptabel zu sein, bedeutet aber eine Verschlechterung der Einnahmensituation der Spitäler, bis hin zur Existenzgefährdung.

Gleichzeitig zeigen betriebswirtschaftliche Rechnungen, dass Betriebsgrößen zwischen 600 und 900 Betten am optimalsten sind. Derzeit haben allerdings 1.137 Häuser unter 300 Betten und weitere 1.320 Spitäler weniger als 400 Betten. Diese Zahlen weisen offensichtlich auf Ineffizienzen im Ist-Zustand hin.

Effiziente Krankenhausstruktur

Interessant ist dabei auch die Verteilung der Notfallstufen über die einzelnen Häuser. Die 424 Standorte der Notfallstufen 2 und 3  erbringen zusammen 57 Prozent aller vollstationären Fälle, insbesondere personal- und kostenintensive komplexe Fälle. Die anderen 43 Prozent der Fälle werden von 1.249 Standorten erbracht. Diese Standorte müssen aber auch alle rund um die Uhr in Betrieb sein und dafür Personal einsetzen.

Theoretisch ließe sich mit nur 337 Standorten in Deutschland gewährleisten, dass für 99 Prozent der Bevölkerung ein Spital innerhalb von 30 Minuten erreichbar ist. Aber um Monopole und zu große Krankenhäuser in Städten zu vermeiden, empfiehlt sich laut den Experten eine Anzahl von 700 bis 800 Standorten.
Bei einer genauen Berechnung wie viele Betten in Zukunft noch mit Personal betreibbar sein werden müsse man sich neben Pflegefachpersonen aber auch Assistenzpersonal, den Rettungsdienst und Ärztinnen und Ärzte anschauen.

Um desaströse personelle Situationen in Zukunft zu vermeiden müsse „ein Ruck durch die Krankenhauslandschaft gehen“, warnen die Autoren vor zu zimperlichen Reformansätzen. Derzeit gebe es noch das Potenzial zur Schaffung einer effizienten Krankenhauslandschaft. Es bedürfe aber eines Strukturfonds 3, der zur Finanzierung von Standortverlagerungen und der Anpassung von baulichen Voraussetzungen für integriert ambulant/stationäre Angebote unerlässlich wäre.

 

Weitere Informationen zum Gesundheitswesen in Deutschland

 

Quelle

Ärzteblatt