Bettenreduktion gelungen, Patient tot?!

Auch in Österreich ist die Bettenreduktion im stationären Bereich ein vielzitiertes Mantra zur erfolgreichen Reduktion der Kosten im Gesundheitswesen. Länder mit niedrigen Bettenzahlen pro Kopf werden dabei als positive Beispiele angeführt. Aber wo ist die Grenze? In Großbritannien wurde sie scheinbar überschritten, denn zurzeit stehen für den aktuellen Bedarf zu wenige Kapazitäten zur Verfügung.

Im Jahre 2010 standen in Großbritannien noch 144.455 Betten in den Spitälern, heute sind es 17.000 Betten weniger – und das bei steigendem Bedarf. Gesundheitsexperten informieren, dass für eine sichere Patientenversorgung die Bettenauslastung nicht über 85 Prozent liegen sollte – diesen Sommer und Herbst gab es hingegen in einzelnen Spitälern Auslastungen bis zu 95 Prozent. Ein neunjähriges Sparprogramm im NHS liegt dieser Entwicklung zugrunde, die den niedrigsten Bettenstand seit Beginn der Aufzeichnungen 1987/88 zur Folge hat und das nationale Gesundheitswesen nun vor schwierige Herausforderungen stellt.

Heute ist es nicht ungewöhnlich, dass Patienten, nach der Entscheidung für eine stationäre Aufnahme, erst bis zu 12 Stunden in einem Krankenhausrollstuhl am Gang zubringen müssen, bevor ein Bett frei wird. Diese Engpässe bei den Betten wirken sich, zusätzlich zum ohnehin immanenten Personalmangel, negativ auf die Versorgungsqualität aus. Die Überbelegung und der rasche Patientenwechsel führen etwa zu einem höheren Risiko für Krankenhausinfektionen (kürzere Zeitfenster für die Reinigungen zwischen den Patienten). Eine weitere Folge daraus sind vermehrte Wiederaufnahmen. Ein deutliches Bild malen auch Warteschlangen von Rettungswägen, die vor der Notaufnahme warten, bis der Patient übergeben werden kann.

Nun stehen der Winter und die Weihnachtsurlaubszeit vor der Tür und es wird befürchtet, dass die vermehrten Krankheitszahlen in dieser Zeit die Versorgung zusammenbrechen lassen. Der NHS beruhigt hingegen, dass für diese Spitzen vorgesorgt wurde und man Geld dafür in die Hand genommen habe, um über die Weihnachtsfeiertage ausreichend Personal (Überstunden) und Betten zur Verfügung zu haben.

Nun will man – nach jahrelangen Sparmaßnahmen – den NHS wieder besser finanzieren, um die Versorgung der Menschen sicherzustellen.

Zusatzinfo zum Vergleich: 2016 standen in Österreich 7,4 Betten pro 1.000 Einwohner zur Verfügung, im Vereinigten Königreich nur 2,6! Der EU28-Schnitt lag bei 5,1 Betten pro 1.000 EW. (Quelle: OECD/EU (2018), Health at a Glance: Europe 2018: State of Health in the EU Cycle, OECD Publishing, Paris. doi.org/10.1787/health_glance_eur-2018-en, S. 187)

 

Mehr Informationen zum Gesundheitswesen in Großbritannien

 

Quelle

The Guardian